Die Fracking-Rebellen aus Texas
Der amerikanische Bundesstaat ist eine Hochburg der Öl- und Erdgasindustrie. Ausgerechnet hier hat jetzt eine Stadt die umstrittene Fördermethode verboten
er triumphale Erfolg der Republikanischen Partei hat die Schlagzeilen nach den Wahlen in den Vereinigten Staaten am Dienstag dominiert. Aber neben der künftigen Besetzung des Kongresses in Washington standen auf lokaler Ebene noch eine ganze Reihe anderer Dinge zur Wahl. Mehrere Bundesstaaten entschieden zum Beispiel über die Freigabe von Marihuana, in einigen kalifornischen Städten wurde über die Einführung einer Steuer auf zuckerhaltige Getränke abgestimmt.
Und eines der bemerkenswertesten Ergebnisse dieses Wahltags kam aus einer mittelgroßen texanischen Stadt namens Denton. Hier haben Menschen entschieden, die umstrittene „Fracking“-Methode zur Förderung von Öl und Erdgas zu verbieten. Das ist ein Paukenschlag in einer Region, die als Hochburg der amerikanischen Energieindustrie gilt und zu der Öl und Erdgas genauso gehören wie Cowboyhüte. Denton ist gerade einmal 45 Autominuten von der Zentrale des größten amerikanischen Ölkonzerns Exxon-Mobil entfernt. Ungefähr ebenso weit ist Dallas, die Stadt, nach der die berühmte Fernsehserie um die Öldynastie Ewing benannt wurde.
Industrieverband gegen Wähler
Nun aber zeichnet sich ab, dass Denton zur ersten Stadt in Texas mit einem Fracking-Verbot wird. Das Ergebnis war sehr eindeutig, fast 59 Prozent der Wähler stimmten für einen Stopp der Fördermethode.
Beim Fracking wird eine Mischung aus Wasser, Sand und Chemikalien in eine Bohrstelle gepresst, um Öl oder Erdgas aus Schiefergestein zu gewinnen. Denton liegt über einem der größten Schiefergasfelder in den Vereinigten Staaten, dem Barnett Shale. Innerhalb der Stadtgrenzen gibt es 280 aktive Bohrstellen. Fracking ist sehr umstritten, Gegner sehen die Umwelt gefährdet und fürchten zum Beispiel, dass die Chemikalien das Grundwasser verseuchen könnten. Die Befürworter eines Fracking-Verbots in Denton stören sich auch an dem mit der Erdgasförderung verbundenen erhöhten Lärm und Lastwagenverkehr.
Ob der Wählerwunsch auch Realität wird, ist noch nicht ganz sicher. Denn kaum war das Wahlergebnis bekannt, wurde auch schon vom Industrieverband Texas Oil and Gas Association die erste Klage eingereicht. Die Organisation hält das Fracking-Verbot für verfassungswidrig. Sie argumentiert, die Regulierung der Öl- und Erdgasförderung sei eine Sache des Bundesstaates, nicht einer einzelnen Stadt.
Branche fürchtet Vorbildcharakter
In jedem Fall aber befürchten Befürworter von Fracking, dass der Wahlausgang in Denton Signalwirkung für andere Regionen Amerikas haben könnte. Wenn sich Fracking-Gegner in einer vermeintlich der Energieindustrie freundlich gesinnten Gegend wie in Texas durchsetzen können, könnte das anderswo womöglich erst recht passieren. Tatsächlich war das Votum in Denton am Dienstag nicht die einzige Niederlage für die Fracking-Lobby. Eine Stadt in Ohio und zwei Landkreise in Kalifornien stimmten ebenfalls für ein Verbot der Methode. Auf der anderen Seite entschieden sich aber drei andere Städte Ohios und ein kalifornischer Landkreis gegen einen Fracking-Stopp.
Das Votum von Denton ist nicht das einzige Manöver gegen Fracking, die von unerwarteter Stelle kommt. So sorgte in diesem Jahr Rex Tillerson, der Vorstandsvorsitzende von Exxon-Mobil, für Schlagzeilen, als er gegen ein Projekt kämpfte, das mit Fracking zu tun hat. Tillerson schloss sich einer Klage gegen einen Wasserturm an, der in der Nähe seiner Pferderanch in einem Vorort von Dallas geplant ist. Tillerson und einige seiner Nachbarn fürchteten, dass der Turm zu einer Versorgungsstation für Wasser wird, das beim Fracking zum Einsatz kommt. Die Klage ließ Tillerson als jemanden dastehen, der Fracking zwar mit seinem Konzern forciert, aber es nicht vor seiner eigenen Haustür will. Mittlerweile hat sich Tillerson Medienberichten zufolge aber aus den Reihen der Kläger verabschiedet.